Von einem missglückten Elternabend und einer geglückten Inszenierung

18. Februar 2020

 

In drei sehr gut besuchten Aufführungen zeigten zehn Abiturienten des Staatlichen Landschulheims Marquartsteins unter Regie von Sandra Altmann Lutz Hübners Erfolgsstück„Frau Müller muss weg“. Im Zentrum der Komödie steht ein Elternabend, zu dem insgesamt neun Väter und Mütter von Viertklässlern erscheinen, um Frau Müller – sehr feminin stakst Patrick Schartl in dieser Rolle über die Bühne - mitzuteilen, dass sie zu schlechte Noten verteile und damit als Klassenlehrerin ihrer Kinder nicht mehr tragbar sei. Vor allem Jessika, die Hanna Tonkovic als eiskalte Geschäftsfrau spielt, und Max, den Leander Gräf als aggressiven Familienvater darstellt, dominieren am Anfang das Gespräch. Es sei Zeit, dass Frau Müller die Klasse endlich abgebe. Katja (sexy gespielt von Alina Aberger) würde den Konflikt lieber friedlich lösen, stößt damit aber bei den Eltern der leistungsschwachen Kinder auf Unverständnis. Ulla (gut dargestellt von Sonja Butz) weiß, was sie möchte, nämlich ihrer Tochter den Übertritt ans Gymnasium ermöglichen. Und auch Marina (genial hysterisch gespielt von Sofia Westermaier) und Helmut (Fabian Butz versteht seine Rolle als einen pragmatischen Geschäftsmann, der auch einen Elternabend locker managen kann) würden die strenge Frau Müller am liebsten sofort abservieren. Doch als die mit haltlosen Vorwürfen konfrontierte Lehrerin kurzerhand den Klassenraum verlässt, kommen die Eltern mehr und mehr in Streit. Jeder gerät ins Visier der Anschuldigungen, bis Wolf (mit vollem Körpereinsatz souverän gespielt von Lukas Entfellner) die Ärmel hochkrempelt und brachial gegen seine Kontrahenten vorgeht. Am Ende bleibt von dem Plan der Eltern, die Klassenlehrerin zu vertreiben, nicht viel übrig als ein zerstörtes Klassenzimmer (das wunderschöne Bühnenbild stammt von den Zweitklässlern der Burgschule Marquartstein unter Leitung von Monika Tonkovic) und ebenso zerstörte Träume von der gelungenen Schullaufbahn der Kinder. Ernüchtert stellt das Väterpaar Joachim und Jörg (witzig gespielt von Jonas Rubeck und Franz Bichlmann) fest: „Es ist besser, wenn wir gehen!“ Lutz Hübners Erfolgskomödie, die sich auch in Marquartstein als Publikumsmagnet erwiesen hat, regt zum Lachen und zum Nachdenken gleichermaßen an. Im anschließenden Publikumsgespräch, das bei der zweiten Aufführung am 9. 2. 2020 angeboten wurde, bestätigten Eltern, dass die Zeit vor dem Zwischenzeugnis für viele Familie tatsächlich eine große nervliche Belastung darstelle. Und nachdem sich am 13. 2. 2020 nach der letzten Aufführung von „Frau Müller muss weg“ der Vorhang geschlossen hat, sind sicherlich immer noch einige Fragen offen: Sind sich die Lehrer der Verantwortung bewusst, welche Auswirkungen zu großer Leistungsdruck auf die Kinder hat? Lassen Eltern ihren Kindern genügend Freiräume zu einer gesunden Entwicklung? Können nicht vor allem die Schüler selbst zu einem positiven Klassen- und Lernklima beitragen? Und so fühlt sich das Publikum durch die Aufführung von „Frau Müller muss weg“ nicht nur wunderbar unterhalten, sondern auch auf eigene Schwächen verwiesen.